Der alte Schlachthof in Aachen

Von einer modernen Versorgungseinrichtung zum Industriedenkmal

Gabriele Harzheim
 

Als 1894 der Städtische Vieh- und Schlachthof in Aachen auf ein großes Gelände in die Metzgerstraße verlegt wurde, besaß er eine der modernsten Ausstattungen der Region. Heute stehen manche Bauten des denkmalgeschützten Komplexes leer bzw. warten auf eine neue Nutzung.

Seit Jahrhunderten war der Beruf des Metzgers nicht nur auf dem Lande, sondern insbesondere auch in den Städten zu Hause. Seit dem Mittelalter waren die Metzger in Zünften organisiert, die entsprechende Vorschriften für die Ausübung des Berufes besaßen. Mit der schnell wachsenden Bevölkerung seit dem Beginn der Industrialiserung verschärften sich die Vorschriften zunehmend. Die Städte führten auch eigene Schlachthäuser zur besseren Kontrolle der Hygienevorschriften.
In Aachen bestand lange Zeit ein Schlachthaus in der Kokerellstraße. 1841 errichtete die Stadt nach den Plänen des Stadtbaumeisters Ark am Lindenplatz ein neues Schlachthaus. Doch schon bald wurde klar, dass dieser Standort im Zentrum der Stadt nicht besonders geeignet war, sowohl was die Verkehrsanbindung als auch was die Geruchs- und Lärmbelästigung anbelangte. Daher entschloss man sich, auf dem nordöstlich der Stadt entstehenden großen Industrieareal nahe der Jülicher Straße einen neuen Schlachthof zu bauen, zumal hier ein Eisenbahnanschluss vorhanden war. Die Anlage erhielt die damals modernsten technischen Ausstattungen. Die Größe der einzelnen Schlachthallen orientierte man am Bedarf der Bevölkerung, an der zu erwartenden Bevölkerungszunahme sowie an den Wünschen der Metzger. Neben Schlachthallen für Klein- und Großvieh gab es ein Kühlhaus, das - in Zellen unterteilt - an die einzelnen Metzger vermietet wurde, Räume für die Herstellung von Klareis, eine Maschinenhalle, einen Wasserturm sowie eine eigene Energieversorgung. Darüber hinaus standen auf dem Gelände ein Düngerhaus (zur Aufnahme der aus den Gedärmen der Schlachttiere kommenden Verdauungsreste), eine Kuttlerei sowie Marktställe für Groß-, Kleinvieh und Schweine.
Erweiterungsbau an der EckeMetzgerstr./Feldstr. aus den 1920er Jahren
Foto © Gabriele Harzheim
Die Beleuchtung des gesamten Schlachthofs erfolgte durch elektrisches Licht, das zwei Dynamomaschinen erzeugten, die ihrerseits von zwei Dampfmaschinen angetrieben wurden, sowie durch eine Akkumulatorenbatterie. Zwei kombinierte Cornwall-Röhrendampfkessel der Firma Piedboeuf lieferten den notwendigen Dampf sowie das heiße Wasser für die Schlachthäuser. In den 1920er Jahren erfolgte eine Erweiterung der baulichen Anlagen um ein großes Ziegelstein-Beton-Gebäude (Ecke Metzgerstraße/Feldstraße), in dem sich die Fleischverkaufshalle befand.
Historische Fassaden des Schlachthofs im Innenbereich
Foto © Gabriele Harzheim
Der Schlachthof war bis 1967 in städtischer Hand und wurde danach an die Vieh- und Fleischversorgung Aachen verpachtet, die Teile der Anlagen modernisierte und an neue EU-Richtlinien anpasste. Einige alte Hallen sind bis heute erhalten, allerdings werden nicht mehr alle Gebäude genutzt und warten z.T. auf neue Pächter.
 

Anschrift:
VFA Vieh- und Fleischversorgung Aachen eG.
Metzgerstr. 20
52070 Aachen
Tel. 0241-164180
Anfahrt:
Vom Aachener Norden aus über A4, Anschlussstelle Aachen Zentrum, Prager Ring, Jülicher Straße bis Abzweig Metzgerstraße
Besichtigung: Gebäude von der Metzgerstraße/Feldstraße aus, alte Hallen nahe des Eingang

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