Tuchmacherbauten in Eupener Oberstadt

Detlef Stender

In der Eupener Oberstadt sind - ähnlich wie in Monschau - zahlreiche Bauten der frühen Tuchmacherei erhalten. Die Tuchmacherhäuser der frühindustriellen Phase noch ohne ganz spezifische Fabrikarchitektur erleichtern offenbar die Umnutzung für öffentliche und private Zwecke.


Unser Spazierweg beginnt am Marktplatz. Das Haus Nr. 8 gegenüber der Touristeninformation, heute Sitz des "Grenz-Echos" wurde um 1750 für André de Grand Ry, einem Mitglieder einer bedeutenden Eupener Tuchmacherdynastie, erbaut. Das Gebäude ging anschließend in Besitz des Tuchmachers Heinrich Akens über. Unter dem geräumigen Dach wurden Wolle und Tuche gelagert. Über der schönen Eingangstür ist ein geflügeltes Rad zu sehen - das Symbol des Handels und der Kaumannschaft. Es zeigt, dass sich die Tuchmacher nicht nur als Fabrikanten sondern vor allem auch als Kaufleute verstanden. Durch den Durchgang gelangen wir in den rückwärtigen Hof, der typisch für frühere Tuchmacheranlagen ist. Im Hinterhof waren üblicherweise die sogenannten Scherwinkel angesiedelt, die Häuschen, in denen die Scherer unter Aufsicht des Fabrikanten ihrer Arbeit nachgingen.

Über die Kirchstraße gelangen in die Klötzerbahn. Unübersehbar ist der stattliche, dreiflügelige Bau der heute die Regierung der Deutschsprachigen Gemeinschaft beherbergt. Das Gebäude wurde von Joseph de Grand Ry wahrscheinlich vor 1750 nach Plänen des bekannten Aachener Baumeisters Johann Joseph Couven als Wohn- und Werkgebäude errichtet. Leider wurden die angrenzenden Werkstätten und Remisen im Laufe der Renovierung abgerissen. Dadurch ist dem Gebäude sein frühindustrieller Ursprung - abgesehen vom hohen Dachaufbau - heute kaum noch anzusehen. Die Tuchmacherfamilie Grand Ry ließ fast gegenüber (Klötzerbahn 27) 1757 ein weiteres imposantes Gebäudes errichten. Der Wohlstand der Tuchmacher ist in der Inneneinrichtung an zahlreichen Stuckornamenten an Wänden und Kaminen und aufwändigen Schnitzereien an Türen und Verkleidungen ablesen. Im Hof ist ebenfalls ein Schererwinkel angebaut.  

 

Der Weg führt uns weiter über die Gospertstraße, in der früher ein offener Bach verlief, der viele Tuchmacher veranlasste, hier ihre Häuser zu errichten. Ein Brunnen in der Gospertstraße stellt Elemente der Tuchmacherei, Kettbaum und Webschützen, dar.

Am Werthplatz finden wir weitere Tuchmacherhäuser. Nr. 1-3 wurde abermals von Johann Aegidius de Gran Ry nach Plänen von Couven 1744 erbaut. Ein Relief an der Hausfront zeigt Fortuna mit Füllhorn und Handels und Fruchtbarkeitssymbolen, u.a. Stoffkupons, einem Weinfass, einen Anker und einen Globus. Daran schließt sich ein weiteres, 1747 erbautes schönes Tuchmacherhaus an.

Wir folgen der ansteigenden Straße Kapernberg und finden auf der linken Seite das heutige Staatsarchiv mit einem wunderbaren Innenhof, das heute in einem Gebäude arbeitet, das einst für die Tuchindustrie geschaffen wurde. Es wurde 1724 von Martin Rehrmann nach Plänen des Aachener Architekts Laurenz Mefferdatis erbaut. Einige Schritte weiter führen uns zu einem weiteren Zeugnis der Wirtschaftsgeschichte Eupens. Das Gebäude Kapernberg 8, 1812 vom Tuchmacher Sternickel erbaut, dient heute als Sitzungssaal des Rats der Deutschsprachigen Gemeinschaft.

Wer noch ein Zeugnis der jüngeren Eupener Tuchindustrie betrachten möchte, kann dieses nach einer kleine Gehstrecke zu Fuß erreichen: Steigt man weiter den Kapernbern hinauf und biegt an der großen Kreuzung in die Judenstraße kommt man nach einiger Zeit zum Aussichtspunkt "Moorenhöhe" mit einem wunderbaren Rundblick auf die Unterstadt an der Weser. An der Weser lagen früher die Walkmühlen, die nur mit Wasserkraft zu betreiben waren. Besonders in den Blick fällt sofort das mächtige Gebäude der Kammgarnspinnerei.

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